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von Philipp » 01.08.2010, 12:10
Bin wieder da.
Also, ich saß da mit diesem Kauz in der Hütte. Erst stellten wir uns nur gegenseitig Fragen, dann plauderten wir etwas lockerer.
Ich wollte wissen, ob er hier in der Hütte wohnt. “Schon eine sehr lange Zeit” nickte er. “Ich erinnere nicht genau, wann ich ankam, doch seit jenen Tagen begegnete ich nur wenigen Seelen. Vor den meisten verbarg ich mich, da mir ihre Aura und Gebaren unedel schienen, voll Gier und Neid, und gehetzt. Nur wenige Edle lud ich zum Tee, um die Sprache nicht zu vergessen. Euch traf ich in den Gewölben, wes ihr nur Zutritt durch meine Unachtsamkeit erlangtet. Es ist euer Glück, dass ich euch noch im vorderen Gewölbe fand, denn obschon auch ihr edlen Gemütes seid, ist es euch nicht oblegen, tiefer hinab zu verweilen.”
(Wie der redete; normalerweise hätte ich ja laut losgelacht, oder zumindest mir ein Grinsen verkneifen müssen, aber seine Sprache hatte etwas an sich, dass ich es garnicht als witzig empfand, sondern nur staunend zuhörte.)
Dann fragte ich, was er denn in den “Gewölben” machen würde. “Von Zeit zu Zeit sehe ich dort nach dem Rechten; doch ich scheine nachlässig zu werden.” Mehr schien er dazu nicht erzählen zu wollen.
“Ihr habt die Tafel gesehen?” (Er meinte wohl die Steintafel an der Höhlenwand)
“Ja” sagte ich. “Was bedeuten denn die Symbole darauf?”
“Sie bilden zusammen einen Schlüssel” sagte er, “und hüten eine Weisheit, die nicht vergessen werden soll. Nur eine Etappe wohl auf dem Weg zur Erkenntnis, und viele Mannen, denen die Tafel zur Prüfung gezeigt wurde, aber die den Schlüssel nicht erkannten, scheiterten. Verschleiert durch Chaos, und verstreut in der Menge, wie Goldkörner in einem Topf Mais, sind nur einige der Symbole von Bedeutung, und wer das Muster sieht, kann aufschließen das Tor zur Weisheit.”
(Aha. Das hörte sich toll an, aber verstanden hab' ich nicht wirklich was.)
“Und welche Symbole sind die von Bedeutung? Ich erinnere mich z.B. an so einen Strich...”
“Sieh an, euer erster Blick erkennt sogleich den Ursprung. Ich wünschte, wir wären uns zu anderen Zeiten begegnet - was natürlich nicht möglich wäre. Der Strich, das ist die Eins. Der Eine, der Anführer, dem die Gefährten der Reihe nach folgen. Die anderen Symbole zu erkennen ist Teil der alten Prüfung, zu der ich euch jedoch nicht erkoren sehe - ihr selbst habt eigene Prüfungen in eurer Zeit.”
“Aber was ist mit den kleinen Zeichen unter den großen Symbolen?” platzte ich heraus. “Die sehen aus wie Buchstaben aus meiner Zeit!”
“Mit 'Buchstaben' meint ihr die Schriftzeichen, aus denen man Worte formt?”
“Ja, genau.”
“Das ist ein Geheimnis, das sich mir selbst verschließt. Früher waren es andere Schriftzeichen; nicht wie auf den Pergamenten, obwohl älter, doch die Tafel verändert sich, sie folgt dem Wandel der Zeit - wohl ob sie folgte dem Bestreben, ein Spiegel zu sein der Zeiten, in denen sie weilt, um auch für jene die Weisheit zu wahren, die frisch geboren sind im jetzt.”
(Dabei beließ ich es dann; ich wollte ihn nicht verärgern. Ausserdem hatte ich ja ein Foto von der Tafel. Ich glaube, er wusste nicht wirklich, das so eine DigiCam macht.)
Dann hab' ich noch ein bisschen von mir erzählt, dass ich auch aus der Gegend komme und hier ab und zu jogge (“Tschogge?” “Also, ich laufe. ... Zum Training. .... Körperertüchtigung.” “Ah, das ist tüchtig, junger Manne!”) und dass ich nach dem Studium erstmal wieder zu meinen Eltern gezogen bin, bis ich eine feste Anstellung gefunden habe und ab und zu für sie einkaufen gehe (“Ihr seid ein wahrer Edelmann, der ihr euer Elternhaus nicht vergesset, obschon ihr fortziehen könntet in die Welt”).
Irgendwie begann ich den Alten zu mögen. Und seine Augen hatten so einen Glanz... als wäre er gar nicht so alt, wie es den Anschein hatte.
Als er kurz vor die Hütte nach draußen ging, um “die Vögel nach den Winden von morgen zu fragen”, kramte ich schnell meine DigiCam aus der Tasche, um noch ein paar Fotos von den seltsamen Dingen zu machen. Zuerst knipste ich noch so ein Pergament auf einem Hauklotz - leider hatte ich zwar daran gedacht, diesmal den Blitz auszuschalten, doch ich hatte den “Sound” vergessen abzuschalten (wofür ist diese blöde Nachahmung alter Analog-Kamera-Verschluss-Geräusche eigentlich gut? Shit!), und erschreckt steckte ich die Cam sofort wieder in die Tasche. Da kam der Alte auch schon wieder - d.h. leider habe ich also nur ein weiteres Foto machen können. Naja.
Er sagte “Es freute mich, eure Gesellschaft zu haben, doch nun ist es Zeit. Ich geleite euch zurück, auf dass ihr euch nicht verirret.”
So gingen wir zurück zum Eingang des “Gewölbes”, der Alte verneigte sich, sprach “So lebet denn wohl, bewahret euch einen offenen Verstand und bleibt wahrhaftig”.
Ich verneigte mich ebenfalls, versuchte noch, mir etwas würdevolleres als “Jau, mach's gut” auszudenken, aber da war er schon im Dickicht verschwunden. Eine Weile stand ich noch da, konnte offensichtlich mit dem Kopfschütteln garnicht mehr aufhören, und ging dann nach Hause.
Die zwei Fotos zeige ich euch dann später, ich find' grad das blöde USB-Kabel nicht.
Gruß Philipp